Ukrainisch verstehe ich kaum, wir kamen damals aus dem russischsprachigen Teil. Es klingt wie eine Art slawisches Mandarin für mich.
Die Frau im blauen Kurvenkleid nimmt sich meiner Belange an. … Ich trage ihr mein Anliegen vor, sie nickt marginal und ist sogar so kulturkulant, ins Russische zu wechseln, als sie merkt, dass ich kein slawisches Mandarin spreche.
Mein Katerhirn hat noch mehr Probleme mit dem slawischen Mandarin als das Klarhirn.
Dass die Gesundheit meines Vaters mal von meinem slawischen Mandarin abhängen könnte – nie hätte ich mir das träumen lassen.
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Ein rastloser, energetischer Flummi, mit mehreren Taschen über der Schulter. Ständig etwas berechnend, spekulationsschnüffelnd, nach China schießend, dort alles von Batterien bis Angorapullis aufkaufend, um es in der mangelwarigen Ukraine für ein Vielfaches zu verscherbeln.
Mein Vater hatte mir eine Konsole aus China und eine Tonne Spiele dafür mitgebracht, damit war ich in der Kiewer Kinderwelt ein gemachter Mann.
Eines schönen Abends kam Damals-Papa mit einem originalen Sony-Fernseher aus China zurück. Das Gerät war nicht besonder groß, wie alles in unseren vier Wänden. Zufrieden, warm und reich lagen wir drei eingekuschelt im Bett und sahen Jackie Chan dabei zu, wie er auf die Nase bekam, am Ende aber doch alle fertigmachte.
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Im Schaufenster zappeln Holzpuppen aller Weltmenschen an Fäden. Eskimos, Afrikaner, Chinesen, Indianer.
Dmitrij Kapitelman: Eine Formalie in Kiew, (2021), Hanser Berlin