Vor Kurzem wurde ich nachts von einer lauten Stimme wach. Hinter dem Vorhang bewegte sich ein Lichtschein. Ich stand auf, ging ans Fenster und sah einen Mann mit einem Scheinwerfer durch den Innenhof gehen. Er leuchtete in alle Winkel und sprach etwas über Funk. Am nächsten Vormittag flogen Hubschrauber über das Viertel.
Das lag an dem Mann, der am Rosenheimer Platz mit einem Messer auf Menschen eingestochen hatte. Die nächtliche Suche in unserem Hof lag wohl daran, dass in der Straße gegenüber mehrere Mülltonnen angezündet worden waren.
Vor ein paar Jahren waren immer wieder einige Kinder in den Hof gekommen, die nicht dort wohnten, und mit denen es mit denen es Streitereien gab. Kinder und Eltern waren sich darüber einig, dass diese von den fremden Kindern ausgegangen waren. Erwachsene hatten sich damals eingemischt und die Kinder das eine oder andere Mal des Hofs verwiesen.
Einmal standen die Kinder um ein paar Mädchen herum, die am Hofausgang auf einer Decke saßen und einen kleinen Flohmarkt betrieben. Sie zeigten immer wieder Kunststücke auf dem Fahrrad und ihre Sprache bestand aus vielen Sprüchen, die sie für „cool“ hielten. Die Mädchen aus unserem Hof waren froh, dass ich bei ihnen stehen blieb. Ein anderes Mal spielten sie an den Schaukeln und im Sandkasten. Die Kinder aus dem Hof hatten sich zusammengetan, waren in der Überzahl und sagten den fremden Kindern klar, dass sie nicht in den Hof gehörten und dass die Spielsachen nicht für sie gedacht seien. Als damals ein Fahrradanhänger im Hof verschwunden war, wurde der Diebstahl schnell und ohne Zweifeln diesen Kindern zugeschrieben. Ganz aktuell gäbe es auch Kinder in der Grundschule, die aggressiv seien und deren Treiben dazu führe, dass das eine oder andere Kind nicht mehr gerne in die Schule gehe.
Zu unserer Aufgabe, allen Kindern ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen, passt es nicht, sich zu wünschen, dass aggressive Kinder aus dem Hof oder aus der Schule verschwinden sollten, unangenehmerweise selbst dann nicht, wenn ihr Bleiben ein Problem für die eigenen Kinder darstellt. Wenn das Problem – in Gestalt eines Kindes oder mehrerer Kinder – aus der heilen Welt verschwinden muss, heißt das, dass die Bewahrung von Werten wie Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft durch Ausschluss funktioniert, nicht durch Überzeugung, und nicht durch Durchsetzung.
Vom Gespräch über die Mülltonnen kam das Gespräch schnell auf das Gespräch über die fremden Kinder. Weil auch brennende Mülltonnen eine Störung in der heilen Welt sind.
Wer die Mülltonnen angezündet hat, weiß ich nicht.